Sternstunde by Lotta Lundberg

Sternstunde by Lotta Lundberg

Autor:Lotta Lundberg [Lundberg, Lotta]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783455813845
Herausgeber: Hoffmann und Campe
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Nelly war wieder munter, die Erlebnisse im Zoo schien sie vergessen zu haben. Jetzt saß sie auf einem neuen Stuhl, in einer neuen Küche. An einen anderen Ort sehnte sie sich nicht zurück, vermisste nichts. Die Verkäuferinnen aus der Friedrichstraße gesellten sich als leere Schnappschüsse zu den anderen verschwommenen Bildern in ihrem eigenartigen Gedenkalbum. Vielleicht vermisste sie noch den Blumenduft, aber mehr auch nicht.

Die meiste Zeit des Tages verbrachte sie an Werners Küchentisch, wo sie Bastkörbe und -schnüre flocht, die sie auf dem Markt am Kottbusser Tor verkauften. Es war herrlich, ohne Schmerzen in den Knien an einem Tisch zu sitzen. Werner hatte jedem einzelnen Möbelstück die Beine gekürzt – dem Bett, dem Sofa, den Stühlen und dem Tisch. Es war schön, mit den Füßen herunterzureichen, den Fußboden unter den Schuhen zu spüren und keine Schmerzen und geschwollenen Füße mehr haben zu müssen – es einfach bequem zu haben. Abends nahm Nelly eine von den Tabletten, die die Ärztin ihr dagelassen hatte. Wenn ihr Körper begann, wieder ein Eigenleben zu führen, sich hin- und herwiegen wollte, stand sie rasch auf und lief auf und ab. »Der Rücken«, sagte sie, wenn Ka die Augenbrauen hochzog. Nach einer Weile konnte sie sich wieder hinsetzen.

Werner war ebenfalls munter. Freitags und samstags zog er nach wie vor seinen Matrosenanzug an, band sich seine rote Fliege um und fuhr in zum KaDeWe, um den Leuten den Weg zu weisen. Abgesehen von Nellys Körben war das ihre einzige Einkommensquelle. Die Zeit verstrich langsam, und in Kas Portemonnaie herrschte Ebbe. Die Zukunft konnte so weit entfernt sein – und so kostspielig. Jeden Morgen beschlossen Werner und Ka beim Aufwachen, sich nicht länger Sorgen um Glauer zu machen und nicht mehr ständig auf der Straße nach ihm Ausschau zu halten. Und Ka beschloss, die Vorbereitungen für die Reise nach Schweden selbst zu übernehmen. Sie machte sich daran, eine Zeitungsanzeige zu entwerfen.



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